Know-How

Französische Bewerber verstehen und für sich gewinnen

Für deutsche Unternehmen, die auf der Suche nach Talenten über die eigenen Landesgrenzen hinaus sind, stellt die Integration französischer Bewerber eine besondere Herausforderung dar. Diese Herausforderung beginnt oft schon im Vorstellungsgespräch, wo kulturelle Unterschiede unerwartete Missverständnisse hervorrufen können.

Der Erfolg solcher Gespräche hängt nicht allein von der fachlichen Eignung ab, sondern auch vom gegenseitigen kulturellen Verständnis und Respekt. Ziel dieses Artikels ist es, Licht auf die kulturellen Besonderheiten zu werfen, die französische Bewerber in den Rekrutierungsprozess einbringen.

1. VERSTÄNDNIS FÜR DIE FRANZÖSISCHE KULTUR

Die französische Kultur ist reich und vielfältig, geprägt durch Geschichte, Kunst und Philosophie, was sich auch im Berufsleben widerspiegelt. Werte wie Individualismus, hohe Wertschätzung für Privatleben und Freizeit sowie eine starke Betonung auf formaler Bildung und Intellektualismus spielen eine wesentliche Rolle.

Französische Bewerber bringen oft eine ausgeprägte Meinungsfreiheit und Selbstsicherheit in Gespräche ein, was teilweise als Direktheit wahrgenommen werden kann. Diese kulturellen Eigenheiten beeinflussen sowohl ihre Erwartungen an das Arbeitsumfeld als auch ihren Kommunikationsstil.

  • Grundwerte: Die Achtung der Privatsphäre und eine ausgeglichene Work-Life-Balance sind zentral. Französische Bewerber legen großen Wert darauf, dass diese Aspekte auch im Berufsleben respektiert werden.
  • Bildung und Intellektualismus: In Frankreich wird großer Wert auf formale Bildungsabschlüsse und intellektuelle Debatten gelegt. Bewerber könnten daher ihre akademischen Leistungen und theoretisches Wissen hervorheben.
  • Meinungsfreiheit: Französische Kandidaten sind oft sehr selbstbewusst und bringen ihre Meinungen deutlich zum Ausdruck. Dies sollte nicht als Überheblichkeit missverstanden werden, sondern als ein kulturelles Merkmal der offenen Kommunikation.

Es ist für deutsche Unternehmen wichtig, diese kulturellen Unterschiede zu erkennen und zu verstehen, um Missverständnisse zu vermeiden und eine positive Atmosphäre während des Vorstellungsgesprächs zu schaffen.

2. KOMMUNIKATIONSSTIL

Eine der auffälligsten Unterschiede in den Vorstellungsgesprächen zwischen deutschen und französischen Bewerbern liegt im Kommunikationsstil. Die Art und Weise, wie Gedanken ausgedrückt, Meinungen vertreten und Fragen gestellt werden, spiegelt tief verwurzelte kulturelle Werte wider.

Französische Bewerber neigen dazu, einen direkten, aber höflichen Kommunikationsstil zu pflegen, der auf Offenheit und Ehrlichkeit beruht, während gleichzeitig großer Wert auf Form und Etikette gelegt wird.

  • Direktheit vs. Höflichkeit: Französische Bewerber sind bekannt dafür, dass sie ihre Fähigkeiten und Meinungen selbstbewusst präsentieren. Sie tendieren dazu, direkt zu sein, allerdings ohne die Grenzen der Höflichkeit zu überschreiten. Dies kann von deutschen Interviewern als ungewohnt direkte Art wahrgenommen werden, ist jedoch ein zentraler Aspekt der französischen Kommunikationskultur.
  • Sprache und Ausdrucksweise: Die präzise Verwendung der Sprache ist für französische Bewerber von großer Bedeutung. Sie legen viel Wert auf die Art, wie sie sich ausdrücken, und wählen ihre Worte sorgfältig aus. Dies spiegelt sich auch in der Erwartung wider, dass auch das Gegenüber Wert auf eine klare und eloquente Ausdrucksweise legt.
  • Nonverbale Kommunikation: Gestik, Mimik und Körperhaltung spielen in der französischen Kommunikation eine wichtige Rolle. Ein fester Blickkontakt, ein Händedruck zu Beginn und Ende des Gesprächs sowie eine offene Körperhaltung sind Zeichen von Respekt und Interesse. Deutsche Interviewer sollten diese nonverbalen Signale als Teil des Kommunikationsprozesses betrachten und entsprechend darauf reagieren.

Für deutsche Unternehmen ist es entscheidend, diese kommunikativen Feinheiten zu verstehen und im Vorstellungsgespräch entsprechend darauf einzugehen. Ein Bewusstsein für den Stellenwert von Sprache, Höflichkeit und nonverbaler Kommunikation kann dazu beitragen, eine positive und respektvolle Atmosphäre zu schaffen.

3. EINSTELLUNG ZUR AUTORITÄT UND HIERARCHIE

Die französische Arbeitskultur weist eine besondere Einstellung zu Autorität und Hierarchie auf, die sich deutlich von der deutschen unterscheiden kann. Dieses Verständnis ist entscheidend, um während des Vorstellungsgesprächs mit französischen Bewerbern auf einer Wellenlänge zu kommunizieren.

  • Respekt vor Hierarchien: In Frankreich ist das Arbeitsumfeld oft durch eine klare Hierarchie gekennzeichnet, wobei Entscheidungen meist von oben nach unten getroffen werden. Französische Bewerber sind es daher gewohnt, Respekt und Anerkennung gegenüber Vorgesetzten zu zeigen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht in der Lage sind, Initiative zu ergreifen oder kreativ zu sein. Vielmehr suchen sie innerhalb des bestehenden Rahmens nach Möglichkeiten zur Innovation.
  • Formalität im Umgang: Die Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen kann in Frankreich formeller sein als in Deutschland. Dies umfasst sowohl die sprachliche Anrede als auch den allgemeinen Umgangston. Deutsche Interviewer sollten daher nicht überrascht sein, wenn französische Bewerber während des Gesprächs eine formellere Sprache wählen und Wert auf Titel und korrekte Anreden legen.
  • Direkte Kommunikation: Trotz der formalen Strukturen und des Respekts vor Autorität ist die Kommunikation in französischen Unternehmen oft direkt. Französische Bewerber sind es gewöhnt, ihre Meinung offen zu äußern und konstruktive Kritik zu leisten. Diese Offenheit sollte nicht als Mangel an Respekt missinterpretiert werden, sondern vielmehr als ein Zeichen für Engagement und den Wunsch nach Verbesserung.

Für deutsche Unternehmen kann es hilfreich sein, diese kulturellen Unterschiede zu erkennen und im Vorstellungsgespräch zu berücksichtigen. Ein Verständnis für die Einstellung zur Autorität und Hierarchie ermöglicht es, die Reaktionen und das Verhalten französischer Bewerber besser zu interpretieren und eine effektive Kommunikation zu fördern.

4. BALANCE VON ARBEITS- UND PRIVATLEBEN

Ein weiteres wichtiges Thema, das in Vorstellungsgesprächen mit französischen Bewerbern oft zur Sprache kommt, ist die Balance zwischen Berufs- und Privatleben. Die Einstellungen und Erwartungen in Bezug auf die Work-Life-Balance können zwischen deutschen und französischen Arbeitskulturen variieren und bieten interessante Einblicke in die Prioritäten und Lebensführung der Bewerber.

  • Wertschätzung der Freizeit: Französische Arbeitnehmer legen großen Wert auf ihre Freizeit und sehen eine ausgewogene Work-Life-Balance nicht nur als wünschenswert, sondern als essentiell an. Dies spiegelt sich in gesetzlich festgelegten Arbeitszeiten und dem berühmten „droit à la déconnexion“ (Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten) wider. Französische Bewerber könnten daher im Vorstellungsgespräch nach Arbeitszeitmodellen, Überstundenregelungen und der Kultur der Arbeitszeitflexibilität fragen.
  • Urlaubsanspruch und Pausen: In Frankreich ist es üblich, längere Urlaubszeiten zu haben, und Mitarbeiter nutzen diese Zeit oft für ausgedehnte Reisen oder zur Erholung. Bewerber könnten sich erkundigen, wie Urlaubsansprüche gehandhabt werden und welche Möglichkeiten es für Sabbaticals gibt.
  • Integration von Berufs- und Privatleben: Französische Bewerber interessieren sich oft dafür, wie Unternehmen die Integration von Berufs- und Privatleben unterstützen. Fragen zu Themen wie Home Office, flexible Arbeitszeiten oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung können aufkommen.

Für deutsche Unternehmen ist es wichtig, auf solche Fragen vorbereitet zu sein und zu verstehen, dass diese den hohen Stellenwert der Work-Life-Balance in der französischen Kultur widerspiegeln. Die Fähigkeit, eine flexible und unterstützende Arbeitsumgebung zu bieten, kann ein entscheidender Faktor für die Gewinnung und Bindung französischer Talente sein.

5. VORBEREITUNG UND FRAGEN VON SEITEN DES BEWERBERS

Französische Bewerber bringen nicht nur ihre Fähigkeiten und Erfahrungen in ein Vorstellungsgespräch ein, sondern auch spezifische Erwartungen und Fragen, die ihre Sicht auf die Arbeitswelt und die potentielle neue Rolle widerspiegeln.

Das Verständnis für die Art von Fragen, die ein französischer Bewerber stellen könnte, bietet deutschen Unternehmen die Möglichkeit, sich angemessen vorzubereiten und damit die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu legen.

  • Unternehmenskultur und -werte: Französische Kandidaten sind oft daran interessiert, mehr über die Unternehmenskultur, die Werte des Unternehmens und das Arbeitsumfeld zu erfahren. Sie möchten verstehen, wie Entscheidungsprozesse gestaltet sind, welche Kommunikationswege bestehen und wie Innovation gefördert wird.
  • Entwicklungsmöglichkeiten: Fragen nach Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten sind ebenfalls häufig. Französische Bewerber legen Wert auf persönliche und berufliche Entwicklung und möchten wissen, welche Chancen das Unternehmen bietet, um Wachstum und Lernen zu unterstützen.
  • Soziale Verantwortung des Unternehmens: Ein wachsendes Bewusstsein für ökologische und soziale Themen führt dazu, dass Bewerber auch die soziale Verantwortung des Unternehmens hinterfragen. Sie interessieren sich dafür, wie das Unternehmen zu gesellschaftlichen und ökologischen Fragen steht und welche Initiativen in diesem Bereich unternommen werden.
  • Flexibilität und Work-Life-Balance: Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, ist die Work-Life-Balance ein zentrales Thema. Französische Bewerber könnten spezifische Fragen zu flexiblen Arbeitszeiten, Home Office-Möglichkeiten und der Unternehmenspolitik bezüglich Überstunden stellen.

Deutsche Unternehmen sollten diese Fragen nicht nur als Teil des Vorstellungsgesprächs, sondern als Gelegenheit sehen, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu präsentieren. Eine offene und ehrliche Kommunikation über diese Themen kann helfen, die Grundlage für eine starke und dauerhafte Beziehung zu französischen Bewerbern zu schaffen.

6. TIPPS FÜR DEUTSCHE UNTERNEHMEN

Um das Vorstellungsgespräch mit französischen Bewerbern erfolgreich zu gestalten und eine Grundlage für eine effektive Zusammenarbeit zu schaffen, können deutsche Unternehmen folgende Strategien anwenden:

  • Kulturelle Sensibilität zeigen: Nehmen Sie sich Zeit, die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Frankreich zu verstehen. Ein Bewusstsein für diese Unterschiede kann Missverständnisse vermeiden und zeigt den Bewerbern, dass ihr kultureller Hintergrund geschätzt wird.
  • Offene Kommunikation fördern: Ermutigen Sie zu einem offenen Dialog, in dem sowohl der Bewerber als auch der Interviewer Fragen stellen und Erwartungen klar kommunizieren können. Dies baut Vertrauen auf und hilft, gegenseitige Erwartungen abzugleichen.
  • Flexibilität und Unterstützung anbieten: Seien Sie bereit, über flexible Arbeitsbedingungen und Unterstützungsangebote zu sprechen, die helfen, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu fördern. Dies zeigt, dass Sie die Bedürfnisse des Bewerbers ernst nehmen und zu seiner Zufriedenheit und Produktivität beitragen möchten.
  • Entwicklungsmöglichkeiten hervorheben: Stellen Sie klar dar, welche Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten Ihr Unternehmen bietet. Französische Bewerber legen großen Wert auf persönliches Wachstum und möchten wissen, wie sie sich innerhalb des Unternehmens entwickeln können.
  • Werte und soziale Verantwortung kommunizieren: Teilen Sie Informationen über die Unternehmenskultur, Werte und soziales Engagement. Dies hilft, Bewerber anzuziehen, die Ihre Unternehmenswerte teilen und sich für ähnliche Ziele einsetzen möchten.
  • Vorbereitung auf sprachliche Hürden: Auch wenn viele französische Bewerber gut Englisch oder sogar Deutsch sprechen, kann die Sprachbarriere eine Herausforderung darstellen. Zeigen Sie Verständnis und Geduld und erwägen Sie gegebenenfalls die Einbeziehung eines Dolmetschers.

Indem deutsche Unternehmen diese Aspekte berücksichtigen, können sie nicht nur die Qualität ihrer Vorstellungsgespräche verbessern, sondern auch eine attraktive und einladende Arbeitsumgebung für französische Bewerber schaffen.

AUSBLICK: ERFOLGREICHE ZUSAMMENARBEIT MIT FRANZÖSISCHEN BEWERBERN

Die erfolgreiche Rekrutierung und Integration französischer Bewerber erfordert mehr als nur die Anerkennung fachlicher Qualifikationen; sie verlangt ein tiefes Verständnis und eine Wertschätzung kultureller Unterschiede. Deutsche Unternehmen, die sich auf diese kulturellen Nuancen einstellen, können nicht nur Missverständnisse im Vorstellungsgespräch vermeiden, sondern auch eine Grundlage für langfristige, erfolgreiche Arbeitsbeziehungen legen.

Indem sie eine Atmosphäre des Respekts, der Offenheit und der Unterstützung schaffen, können sie talentierte französische Bewerber für sich gewinnen und einen wertvollen Beitrag zum Erfolg ihres Unternehmens leisten. Die Investition in interkulturelle Kompetenzen und die Schaffung einer inklusiven Arbeitsumgebung sind nicht nur Schritte zur Überwindung kultureller Barrieren, sondern auch zur Förderung einer vielfältigen, dynamischen und innovativen Belegschaft.

Die Strukturen von vif Solutions begleiten seit über 20 Jahren erfolgreich Unternehmen und öffentliche Institutionen auf dem deutschen und dem französischen Markt.

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Axelle Winkelmann